Eintracht Frankfurt gelingt der Start in die neue Saison mit einem 1:0 über Hoffenheim. Martin Hinteregger traf bereits nach 35 Sekunden zum Sieg!
In der Nachlese, als die ersten drei Bundesligapunkte eingepackt und sicher verstaut waren, musste Adi Hütter für einen Augenblick innehalten und in sich gehen, der Eintracht-Trainer verzog sogar das Gesicht, so, als müsse er wirklich ganz angestrengt nachdenken. Sekunden zuvor wollte einer von ihm wissen, ob auch er, der Mannschaftsverantwortliche, das beste Spiel des Filip Kostic im Eintracht-Dress gesehen habe. „Er hat schon so viele gute Spiele gemacht“, hob Hütter nach dem 1:0-Auftakterfolg gegen die TSG Hoffenheim an. „Filip ist ein Mentalitätsspieler mit unglaublich viel Power.“ Wenn sich der linke Läufer im Vergleich zur herausragenden Vorsaison noch einmal steigern könne, „dann werden wir ihn nicht halten können“, bemerkte Hütter schmunzelnd.
Natürlich hatte der alle überragende Serbe auch seine Füße beim Goldenen Tor im Spiel, das fiel schon relativ früh, sehr früh sogar: Flanke Kostic, Seitfallzieher Martin Hinteregger, 1:0 nach 35 Sekunden, das zweitschnellste Tor der 120 Jahre währenden Frankfurter Vereinsgeschichte. Das rascheste machte übrigens Alexander Meier, das war 2012 in der Partie gegen Greuther Fürth (1:1). Der Fußballgott brauchte nur 21 Sekunden.
Premiere für Martin Hinteregger: Ein Krampf in der Wade
Am Sonntag stand in den folgenden 93 Minuten Schwerstarbeit für die Eintracht auf dem Programm, die Profis holten „in diesem intensiven Spiel“ (Torwart Kevin Trapp) alles aus sich heraus, gingen an ihre Grenzen, manch einer sogar darüber. Martin Hinteregger etwa, der sich in der Schlussphase mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden wälzte und schon dachte, ihm seien sämtliche Muskelfasern in seiner rechten Waden gerissen, ehe sic herausstellte, dass er einen schnöden Krampf hatte. „Den ersten meiner Karriere“, sagte der Matchwinner. Da konnte er schon wieder lachen. Der neue Mannschaftsarzt Florian Pfab löste die Verkrampfung noch auf dem Feld mit einer Akupunkturnadel.
„Wir haben alles reingehauen und körperlich alles gegeben, was wir drauf hatten“, sagte ein zufriedener Sportvorstand Fredi Bobic. Der Sieg zum Start sei auch deshalb so wichtig, „weil man ja nie zu 100 Prozent weiß, wo man steht.“ Dass noch nicht alles rund laufe, sei das normalste von der Welt. „Es kann ja noch gar nicht alles funktionieren.“ Dieser Ansicht ist auch Zerstörer Gelson Fernandes, der resümierte: „Fürs erste Spiel war es okay.“ In jedem Fall, und das betonten alle Akteure unisono, gebe der erste Dreier gleich ein bisschen Ruhe, Vertrauen und Selbstsicherheit. „Das ist wichtig“, befindet Fernandes. Coach Hütter, der vor einem Jahr noch mit einer 0:5-Klatsche im Supercup gegen die Bayern und dem Aus im DFB-Pokal in der ersten Runde in Ulm startete, nun aber schon den sechsten Sieg im sechsten Pflichtspiel bejubeln kann, fasste den Tag so zusammen: „Ich bin sehr happy.“
Hoffenheim bekommt gleich zwei Tore aberkannt
Die Eintracht hat sich ihr erstes Erfolgserlebnis in der Liga durchaus verdient, weil sie insgesamt griffiger und einen Tick entschlossener auftrat als die Gäste aus Sinsheim, die gewiss die feinere Klinge führten und spielerisch überlegen waren, sich aber allzu oft in nettem, aber völlig brotlosem Ballgeschiebe ergingen. Die bessere Passquote (84 Prozent gegenüber 70), die besseren Zweikampfwerte (53:47) und mehr Ballbesitz (63 Prozent zu 37) nutzten ihnen nichts. Pech hatten sie jedoch, als ihnen gleich zwei Tore nach Intervention des Videoassistenten wegen Abseitsstellungen zurückgepfiffen wurden, beides aber korrekte Entscheidungen.
Die Frankfurter, die in der zweiten DFB-Pokalrunde am 29. oder 30. Oktober beim Zweitligisten FC St. Pauli antreten müssen, hätten das Ergebnis schon früher in die Höhe schrauben und für mehr Ruhe im Spiel sorgen können, doch Mijat Gacinovic (3.), Daichi Kamada (3.), Kostic (28./37.), Ante Rebic (45.), Kamada (54.), Dominik Kohr (54.) und Kostic ließen gute oder sehr gute Möglichkeiten aus. „Wenn es etwas zu kritisieren gibt, dann vielleicht die Chancenverwertung“, monierte Keeper Trapp. Torschütze Hinteregger flankierte. „Wir waren dem 2:0 immer näher als die Hoffenheimer dem 1:1“, urteilte der Verteidiger, der das frühe 1:0 akrobatisch gemacht hatte. „Dabei bin ich wirklich nicht der Gelenkigste.“ Sah aber ganz gekonnt aus, der Seitfallzieher.
Eintracht Frankfurt: Spielerisch ist Luft nach oben
Die Eintracht spielte insgesamt taktisch diszipliniert und konzentriert, wie eine gereifte, erwachsene Bundesligamannschaft. Der Spielstil ist vielleicht nicht mehr ganz so offensiv und bedingungslos, aber kräfteraubend und dynamisch auf alle Fälle. „Wir mussten viel arbeiten“, sagte Schlussmann Trapp. „Aber so ist unser Spiel, wenn wir das nicht machen, kommen wir gar nicht rein.“
Spielerisch aber wird sich das Team noch steigern müssen, da wird oft mit langen Bälle agiert, Kombinationen über mehrere Stationen sind selten. „Unser Ballbesitzspiel können wir verbessern“, bekundet Gelson Fernandes. „Wir können uns auch am Ball erholen.“ Gefährlich wird es meistens über die Flügel, gerade über den herausragenden Kostic auf links. Er soll auch den neuen Mann im Sturm, den Niederländer Bas Dost, mit Vorlagen füttern. „Wir brauchen große Spieler, eine clevere Verpflichtung des Klubs“, sagte Fernandes (siehe weiteren Bericht auf der folgenden Seite).
Eintracht Frankfurt in der Europa League: Racing vor der Brust
Zeit, um durchzupusten, bleibt den Hessen nicht, schon am Donnerstag sind sie wieder gefordert, dann geht es nach Straßburg zum ersten von zwei Playoff-Qualispielen um den Einzug in die Gruppenphase der Europa League. „Das wird ein tolles Spiel, da erwartet uns ein heißer Tanz“, blickt Frankreichexperte Trapp voraus. „Ich glaube, wir haben insgesamt die bessere Mannschaft, aber sie spielen sehr körperbetont. Wenn wir den Kampf nicht annehmen, wird es dort schwierig.“ Bas Dost soll dann schon an Bord sein.
Die Partie bei Racing wird die nächste Standortbestimmung, die neuerliche Teilnahme an der Europa League ist das erste große Ziel, das der Verein unbedingt und mit aller Macht erreichen will. „Wir wollen in die Gruppenphase – ohne Wenn und Aber“, führt der 29-Jährige aus. Stark genug, um die gewiss nicht niedrige Hürde Straßburg zu nehmen, sei das neue Ensemble allemal. „Die Mannschaft ist mindestens so gut wie in der Vorsaison“, betont der Torwart. „Wir sind eingespielt, kennen uns alle, die Mannschaft ist in großen Teilen zusammengeblieben. Und wir alle wissen, wie der Trainer spielen lassen will. Das ist ein Pluspunkt.“
Natürlich seien die Erwartungen nach der vorherigen Saison „sehr hoch“, doch davor müsse man sich nicht verstecken. Der erste Schritt auf dem langen Weg durch die harte Saison ist gemacht, die ersten drei Punkte sind eingefahren. „Das“, sagt Trapp, „war ein perfekter Start.“