Die SGE ringt Dortmund ein Unentschieden ab.
„Dieses 2:2 fühlt sich wie ein Sieg an“, freut sich der Frankfurter Trainer Adi Hütter. Es war dann die dritte gute Flanke von Timothy Chandler hintereinander, die zum Happy End im Frankfurter Stadtwald führte, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem schon niemand mehr mit einem Tor rechnete. Chandler also, erst sieben Minuten vor dem Ende eingewechselt, schaufelte in dieser finalen Frankfurter Drangperiode die Kugel noch einmal in den Strafraum, Martin Hinteregger kam angerauscht und nahm die Vorarbeit volley, und diesen scharf nach innen getretenen Ball schoss Daichi Kamada unter Zuhilfenahme des langen Beins des Dortmunders Thomas Delaney ins Tor, (88.). Es war das 2:2, und damit verhinderte Eintracht Frankfurt kurz vor Ultimo eine rabenschwarzen Englische Woche mit drei Niederlagen am Stück. „Dieses 2:2 fühlt sich wie ein Sieg an, das Unentschieden war Balsam auf unsere Wunden“, freute sich der Frankfurter Trainer Adi Hütter über einen durchaus nicht unverdienten Punkt. „Das 2:2 tut uns im Moment gut.“
Vor allem „für Kopf und Seele“ sei dieser späte Punktgewinn gut gewesen, fand Djibril Sow, der an diesem Sonntagabend eine ordentliche Partie hingelegt hat und sich gegenüber seinen ersten Auftritten im Dress von Eintracht Frankfurt gesteigert hatte. „Die schwere Spiele tun mir gut“, sagte der Schweizer. „Ich brauche diese schweren Spiele, um meinen Rhythmus zu finden.“ Und er brauchte natürlich das Vertrauen des Trainers, der ihm nach den ersten schwachen Partien „die Hand gereicht“ hatte, wie er sagte.
Natürlich hatten die Hessen in diesem Spiel auch eine gewisse Portion Spielglück. Fortuna muss immer im Bunde sein, wenn einem kurz vor Schluss noch der Ausgleich gelingt. Glück war auch dabei, dass Borussia Dortmund seine Tormöglichkeiten zuvor nicht genutzt hatte und es versäumt hatte, den Sack früh zuzumachen. Ob das etwas mit Mentalität zu tun habe, ist danach Marco Reus gefragt worden. Der eher blass gebliebene Nationalspieler hat darauf sehr emotional reagiert. „Diese Scheiße geht mir auf die Eier.“ BVB-Trainer Lucien Favre monierte ebenfalls die mangelnde Chancenverwertung der Schwarz-Gelben. „Wir hatten große Möglichkeiten, viele Tore zu machen.“ Nur zwei wurden genutzt, zu wenig für einen Sieg an diesem Sonntag.
Der Frankfurter Trainer hatte sein Team, wie angekündigt, auf einigen Positionen gegenüber dem Arsenal-Spiel vom Donnerstag verändert, vor allem hatte er es deutlich defensiver ausgerichtet. Auch das hatte er am Freitag zwischen den Zeilen angekündigt, in dem er an die bislang einzige Niederlage des BVB erinnert hatte, bei Union Berlin, und die hatten erfolgreich Beton angerührt. Also blieb der feine Fußballer Daichi Kamada erst einmal draußen, dafür standen Dominik Kohr, Gelson Fernandes und Djibril Sow im Mittelfeld auf dem Platz, allesamt Akteure, die eher gegen den Ball arbeiten als mit ihm. Die Defensivarbeit von Fernandes freilich tat dem Frankfurter Spiel gut. Zudem erhielten die zuletzt schwächelnden David Abraham und Danny da Costa, beide auf der rechten Seite zu Hause, eine schöpferische Pause.
„Wir wollten unser Spiel anders anlegen“, sagte Hütter im Nachgang. Der Nachteil bei dieser zurückhaltenden Taktik: Die Stürmer waren lange Zeit vom Spiel abgeschnitten, erhielten kaum verwendbare Bälle, hingen schlicht in der Luft.
Dazu kam, dass zumindest in weiten Teilen der ersten Halbzeit die Balance nicht stimmte. Die Frankfurter ließen der Dortmunder Borussia, mit voller Kapelle angetreten, viel zu viele Räume, in die sie mühelos stoßen konnten, schafften es nicht, die Räume engzumachen. Auch die Abstimmung mit denen, die pressten und denen, die hinten absicherten, stimmte nicht – oft waren die Mannschaftsteile viel zu weit voneinander entfernt. Das schaffte Platz – für das Dortmunder Spiel. Elf Minuten waren nur absolviert, da schien das Hüttersche Konzept, möglichst lange zu Null zu spielen, obsolet. Hinterher gab das der Fußballlehrer auch zu: „Da ist unser taktischer Plan nicht aufgegangen.“ Eine Flanke von Thorgan Hazard drückte Axel Witsel mühelos ins Frankfurter Tor. Dem BVB spielte die frühe Führung natürlich in die Karten. In der Folgezeit hatten die Dortmunder die Partie komplett im Griff, spielten zeitweise Katz und Maus mit den Hausherren und hatten nach 45 Minuten erstaunliche 66 Prozent Ballbesitz.
Doch die Gäste verwalteten im ersten Abschnitt die Führung nur, lullten sich mit schier ewigen Ballgeschiebe selbst ein. Dennoch fiel der Ausgleich kurz vor der Pause überraschend. Vor allem fiel er nach dem ersten mutig nach vorne getragenen Angriff: Almamy Touré, der deutlich stabiler wirkte als Abraham zuletzt, hatte zu einem kleinen Solo angesetzt, über Kohr und Erik Durm kam der Ball zu Sow, der mit einem feinen Rückpass André Silva bediente, und der Portugiese schloss diesen feinen Spielzug mit einem trockenen Schuss zum 1:1 ab. Es war Silvas erstes Pflichtspieltor für die Eintracht. Ein wenig schmeichelhaft war der Ausgleich schon.
Mit den ersten 35 Minuten war Hütter überhaupt nicht zufrieden. „Da waren wir gar nicht auf dem Platz“. Die letzten zehn Minuten der ersten und die zweite Halbzeit aber hatten dann für viele anfängliche Unzulänglichkeiten entschädigt. Im zweiten Abschnitt kamen die Hessen immer besser ins Spiel, „da haben wir dann auch mitgespielt“, vor allem hatten sie auch endlich wieder den Vorwärtsgang gefunden – und sie ließen sich auch durch das 1:2 durch Jadon Sancho (66.) nicht beirren. „Mir hat gefallen, wie wir alles in die Waagschale geworfen haben“, fand Hütter. Da sieht man, was alles möglich ist, wenn man fightet.“
Immerhin steckte den Frankfurtern noch das schwere Europa League-Spiel gegen den FC Arsenal vom Donnerstag in den Knochen. Doch es waren die Frankfurter, die in der Schlussviertelstunde noch Körner hatten und nachlegen konnten. Wieder konnten sich die Frankfurter auf ihre Mentalität verlassen, auf Leidenschaft und viel Herzblut. Keiner gab die Partie verloren, bis zum Ende suchten die Hessen ihre Chance. Gerade der für Touré eingewechselte Chandler war ein Aktivposten, er kam spät, aber genau zum richtigen Zeitpunkt.