Eintracht Frankfurt kommt in Vaduz zu einem locker und leichten 5:0 und steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den Playoffs zur Europa League.
Für den wackeren Torwächter Benjamin Büchel hat es ganz bestimmt schon angenehmere Abende gegeben als jenen an diesem lauwarmen Donnerstag in Vaduz. Der Liechtensteiner Schlussmann, 30 Jahre alt, Marktwert 50.000 Euro, hat in seiner Karriere ein bisschen war erlebt, na gut, nicht auf höchstem Niveau, er hat für USV Eschen-Mauren in der vierten Liga gekickt oder bei Welling United und dem FC Ruggell. Seit Anfang der Saison hütet er den Kasten des FC Vaduz, zumindest gestern Abend bei diesem ungefährdeten 5:0 (3:0) der Eintracht im Europa-League-Qualifikationsspiel bei den Underdogs aus Liechtensteinern mit sehr überschaubarem Erfolg.
Der arme Kerl in der Kiste sah gleich zweimal nicht gut aus, er patzte sogar ganz entscheidend, was für einen Außenseiter eher suboptimal ist, wenn er in einem ungleichen Duell überhaupt eine kleine Chance haben will. Die hatte der FC Vaduz nicht. Das lag natürlich nicht nur, aber eben auch an Büchel, der zum ersten Mal nach elf Minuten daneben griff, da ließ er einen zwar strammen, aber gänzlich unplatzierten Schuss des Eintracht-Flügelspielers Filip Kostic in die Mitte des Tores rauschen, 0:1 aus Sicht der Gastgeber.
Spaziergang zum Sieg
Nach einer knappen halben Stunde war es wieder der bärenstarke Serbe im Eintracht-Trikot, der den Schlussmann aus dem Fürstentum überwand, mit einem Schuss ins kurze Ecke – auch da kam Büchel nicht schnell genug runter, die Kugel rutschte durch seine Hosenträger. 0:2 (27.). Damit war die Messe schon gelesen, der Stecker gezogen, ehe sich die Gastgeber überhaupt mal zu einer Energieleistung hätten aufraffen können. Am Ende spazierte die Eintracht zu einem souveränen 5:0, die übrigen Tore machten Dominik Kohr (40.), Goncalo Pacincia (53.) und Mijat Gacinovic (63.).
„Ich freue mich, dass die Jungs das Spiel sofort angenommen haben. Ich hatte schon nach einer halben Minute ein gutes Gefühl“, sagte der Frankfurter Sportvorstand Fredi Bobic, dessen Mannschaft damit schon vor dem Rückspiel am kommenden Donnerstag in der Stadt am Main mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den Playoffspielen am 22. und 29. August steht – vermutlich gegen den französischen Vertreter Racing Straßburg, der gestern Abend knapp mit 1:0 bei den Bulgaren von Lok Plowdiw gewann. „Wir waren sehr konzentriert, sind seriös aufgetreten, das hat mir gut gefallen“, sagte Trainer Adi Hütter: „Wir sind auf einem richtigen Weg.“
Die Eintracht wurde gegen den Schweizer Zweitligisten zu keiner Zeit ernsthaft geprüft, hatte Spiel und Gegner im Griff, die Liechtensteiner waren allenfalls ein Sparringspartner, ohne den Hauch einer Chance. Die Hessen glänzten dabei nicht mal, spulten ihr Programm locker runter und spielten ihre Überlegenheit aus. Zur richtigen Einordnung sollte man indes wissen, dass das fußballerisch Niveau des FC Vaduz an diesem Abend eher an einen engagierten deutschen Viertligisten erinnerte. „Wir haben sie nicht ins Spiel kommen lassen und uns eine gute Ausgangssituation erspielt“, sagte Eintracht-Mittelfeldmann Gelson Fernandes.
Ein gelungener Ausflug
Für die Frankfurter war es dennoch ein gelungener Ausflug, auch für die vielen Fans, die den Weg ins malerische Liechtenstein gefunden und das atemberaubende Alpenpanorama genossen hatten. Mindestens 3000 Frankfurter Anhänger, eher mehr, waren im kleinen Rheinparkstadion zugegen, schon am Mittag bevölkerten sie die Innenstadt des kleinen Städtchens, bei einem Beachvolleyballturnier in der Ortsmitte schmetterten sie Eintracht-Lieder. Es herrschte Volksfeststimmung in Vaduz. Runde 1000, 1500 Fans blieben ohne gültige Eintrittskarte für das Spiel in der Stadt. Auch Fredi Bobic war von der gesamten Atmosphäre im idyllischen Vaduz begeistert. „Das ist eine faszinierende Kulisse, eine Fußballromantik wie sie schöner nicht sein kann.“
Schonung für die kommenden Spiele
Die Gastgeber aus dem Fürstentum taten auch nichts, um die Frankfurter aus ihrer Wohlfühloase fernab der Heimat herauszureißen. Der Leistungsunterschied betrug mindestens zwei Klassen, eher mehr. Die Eintracht hatte die Partie gewohnt ernstgenommen, war mit der gesamten Delegation und im feinen Zwirn angereist. Trainer Hütter, der in seinem fünften Anlauf zum ersten Mal in Vaduz gewinnen konnte, hatte Verteidiger Martin Hinteregger gleich in die Startelf beordert und Evan Ndicka einen Bankplatz zugewiesen. „Ndicka hatte seinen Job sehr gut gemacht, aber wir haben viel Auswahl, das ist ein Vorteil in den Englischen Wochen für uns“, begründet Sportchef Bobic.
Lucas Torro blieb, etwas überraschend, ebenfalls draußen, für ihn spielte Gelson Fernandes; Goncalo Paciencia war die einzige Spitze, flankiert von Mijat Gacinovic und Daichi Kamada in den Halbpositionen. So richtig gefährlich wurde es aber meistens, wenn die Eintracht ihr Spiel über die Außen nach vorne trug, gerade Filip Kostic auf links war von den Liechtensteiner nicht zu stoppen. Der Serbe machte nicht nur die ersten beiden Tore, sondern bereitete auch das vierte durch den Portugiesen Paciencia vor. Netter Nebeneffekt für Coach Hütter: Auch Ante Rebic, der am Rücken angeschlagene Stürmer, gab in der zweiten Halbzeit sein Comeback und zeigte einige gute Dribblings. Womöglich kann er schon am Sonntag im DFB-Pokal in Mannheim eine ernsthafte Alternative sein.
Vaduz-Kapitän Benjamin Büchel übrigens konnte sich sehr wohl noch auszeichnen, gegen Kostic verhinderte er dessen Hattrick (35.) und einen Schuss von Gacinovic wehrte er prächtig ab (81.). Geht doch.